ETU Europameisterschaft Genf

Nachdem ich 2014 verletzungsbedingt komplett aussetzen musste besuchte ich als Zuschauer und Fan einige Triathlon Veranstaltungen um weiterhin irgendwie dem Sport treu zu bleiben. Einer dieser Wettkämpfe war der Triathlon in Genf, an dem 2015 die Europameisterschaften ausgetragen werden sollten. Die Strecken und die Atmosphäre blieben mir in sehr guter Erinnerung und so entschied ich mich bei der DTU einen Startplatz anzufragen. Durch meine bisherigen Ergebnisse wurde ich in die Altersklassennationalmannschaft aufgenommen und für die Age-Group EM in Genf selektioniert.

Die Vorbereitung auf die EM verlief sehr holprig, da die Rückenverletzung durch den Unfall in 2014 sich als sehr hartnäckig herausstellte. Teilweise gute Trainingsergebnisse konnte ich bis zur EM nie in den vorangehenden Wettkämpfen in 2015 abrufen – es war der Wurm drin. Es gab einige Momente in denen ich am liebsten meinen Startplatz wieder abgegeben hätte.

Ohne grosse Erwartungen machte ich mich mit meiner Freundin Corina am 11.07. auf den Weg nach Genf. Am Vortag des Rennens schauten wir uns noch die Elite- und Junioren Rennen an und ich absolvierte den aufwändigen Check-In. Der Startschuss für meine Altersklasse fiel bereits um 6:39 Uhr und so musste ich für eine Kurzdistanz schon verhältnismässig früh um 4 Uhr am Sonntag aufstehen. Die Stimmung bei sehr warmen Temperaturen bei aufgehender Sonne über dem Genfer See war unglaublich schön und so freute ich mich immer mehr auf den Startschuss.

genf_2015_01963 Minuten vor dem Start wurden die 50 Athleten aus allen europäischen Ländern meiner Altersklasse 30-34 auf den Ponton gelassen und nach kurzer Zeit erfolgte der Startschuss. Ich schwamm die ersten 300 m bis zur Boje voll an und realisierte recht schnell, dass ich mich in der vordersten Linie befand. Kurz vor der ersten Boje wurde das Feld immer enger und ich ordnete mich in der Spitzengruppe ein. Ich fand ein paar gute Beine und hielt mich im Wasserschatten auf. Das Tempo war ungewöhnlich entspannt und ich fühlte mich sehr gut. Etwa zur Hälfte der Schwimmstrecke merkte ich, dass sich zwei Athleten etwas abgesetzt hatten und ca. 20 m vor der Gruppe schwammen. Ich überlegte ob ich versuchen sollte diese Lücke zu schliessen, war mir aber aufgrund der bisherigen Wettkämpfe einfach zu unsicher über meine Form. Ich blieb in der Gruppe und beendete das Schwimmen als 6.

genf_2015_0207Der Wechsel lief gut und ich begann die Radstrecke mit gefühlt guten Beinen. Ich versuchte mich aus Positionskämpfen rauszuhalten und nicht zu viel Energie zu verbrauchen. Leider lösten sich nach der Hälfte der ersten von zwei Radrunden die Energiegels auf dem Oberrohr. Ich entschied alle Gels auf einmal mit viel Wasser zu nehmen um die Gels nicht zu verlieren. Der Magen war damit etwas überfordert aber mit dem Beginn der zweiten Runde konnte ich wieder Vollgas geben. Am einzigen Berg auf der 20 km Runde griff ich in der letzten Radrunde an und schüttelte alle Verfolger ab. Auf der Abfahrt eine Schrecksekunde ca. 30 s vor mir kollidierte ein Athlet bei Tempo 60 Km/h mit einem unachtsamen Zuschauer der die Strasse querte. Die umstehenden Zuschauer reagierten sehr schnell und umsichtig und warnten alle herannahenden Triathleten. Ich bremste ab und wurde an den Verletzten vorbei geleitet, die, wie sich später herausstellen sollte, am selben Tag wieder aus dem Krankenhaus entlassen wurden. Die vor mir platzierten Athleten waren nun auf und davon und ich versuchte auf dem abschliessenden Teilstück so wenig wie möglich Zeit zu verlieren.

genf_2015_0224In der Wechselzone angekommen, bekam ich die Rückmeldung ich sei auf 4. Position, was mich doch sehr überrascht hat. Für mich kam jetzt der entscheidende Punkt ob ich mich nochmals nach vorne oder eher nach hinten orientieren kann, da ich nach ca. 500 m auf der Laufstrecke immer merke ob es ein guter oder schlechter Lauf wird. Auf dem ersten Kilometer ging es stetig bergauf und ich merkte, dass ich sehr gute Laufbeine und keine energetische Probleme hatte. Auf dieses Gefühl nach dem Radfahren habe ich mich seit mehr als 2 Jahren gesehnt. Egal was für eine Zeit oder Platzierung heute bei diesem Wettkampf rauskommen würde, in diesem Moment nach gerademal dem 1. Kilometer auf der Laufstrecke war ich schon total glücklich und zufrieden. Es waren 3 Laufrunden zu absolvieren bevor es auf die ca. 1 km lange Zielgerade entlang der Uferpromenade ging. Ich überholte zahlreiche vor mir gestartet Athleten und erhielt sehr viel Support und Unterstützung von Zuschauern die mich anhand des Nationaldresses erkennen konnten. Mittlerweile bin ich schon auf den 3. Platz vorgelaufen und als ich auf den letzten Kilometer abbog bekam ich nun von zahlreichen deutschen Kollegen zugerufen, dass der Zweitplatzierte nur noch 20 Sekunden vor mir sein. Ich konnte den Briten nun auch erstmals sehen, allerdings war ich bereits am Limit und eigentlich sowieso schon total zufrieden. Ich versuchte was ich konnte, kam aber nicht viel näher. 300 m vor dem Ziel bekam ich nochmal eine zweite Luft und war plötzlich auf 5 m herangelaufen. 100 m dem Ziel nochmals eine S-Kurve die ich sehr schlecht durchlaufe, der Brite blickt sich um und kann nochmals zulegen. Ich bin geschlagen und verpasse Silber um 2 Sekunden – total egal.

genf_2015_0241Allein die letzten 300 m Vollgas sind der Grund warum ich Sport treibe. Ich hab alles gegeben und konnte alles abrufen und das stellt mich vollends zufrieden. Zeit und Platzierung sind mir da nicht so wichtig, auch wenn ich in diesem Fall sogar dennoch was gewonnen habe, nämlich die Bronzemedaille bei der Euromeisterschaft in der AK 30-34. Die wurde mir dann bei einer sehr schönen Siegerehrung überreicht.

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